Wie es zu den Treffen Geistlicher Gemeinschaften in Sachsen kam

Es war eine spontane Idee. Sie tauchte auf in einem Gespräch mit meinem Freund Olaf Richter über die Situation unserer Kirche. Mich bewegte damals besonders, wie manche Freunde, Brüder und Schwestern im Blick auf ein wichtiges geistliches Anliegen in ihrer Umgebung unverstanden und einsam waren. Tüchtige Gemeindepfarrer und Mitarbeiter, wurden bisweilen von anderen überkritisch beobachtet, manchmal auch von Vorgesetzten unfair behandelt.

 

Fehlte der offene Austausch? Wie schwer kann der uns fallen! Und wir können ihn nicht erzwingen. Vertrauen kann nur geschenkt und empfangen werden.

 

lmmer wieder ähnliche Probleme: Verschiedene Positionen und die Unfähigkeit, manchmal auch Unwilligkeit, sich auf einen echten, geschwisterlichen Austausch einzulassen, bei dem keiner fürchten muss, irgendwie den Kürzeren zu ziehen. Man grenzt sich ab. Fronten bauen sich auf, verhärten sich, für das Ganze der Kirche unfruchtbar. Das Gegenteil davon wäre: Aus dem Munde des Andersdenkenden den Anruf des Heiligen Geistes erwarten. - Dann: Die Gestalt und der Gebrauch von Autorität in unserer Kirche. Das lateinische Wort auaoritas hat etwas mit Wachsen zu tun: Der Sinn echter Autorität besteht darin, etwas wachsen zu lassen. Das ist ein weites Feld. Wer hat in der Kirche Autorität? Woher kommt sie? Wie wird sie ausgeübt und was bewirkt sie?

 

Alle geistlichen Gemeinschaften stehen immer wieder vor diesen beiden Problemen: Innerhalb der Gemeinschaft die verschiedenen, manchmal vielleicht gegensätzlichen Begabungen und Prägungen fruchtbar zu machen für das Ganze. Je besser das gelingt, desto lebendiger und anziehender erscheint die Gemeinschaft. Es ist "fein und lieblich", wenn Brüder und Schwestern „einträchtig", d.h. offen, fair und liebevoll, "beieinander wohnen" (Ps 133,1), wenn eins das andere nicht nur leben lässt, wie es nun mal ist, sondern es würdigt und wertschätzt in seiner Einmaligkeit. ,,Einer komme dem anderen in Ehrerbietung zuvor" (Röm 12,10). Und Gemeinschaft gelingt nicht ohne vertrauensvolle Loyalität gegenüber wohl verstandener und gebrauchter Autorität. Zu diesem Thema haben alle Gemeinschaften ihre unterschiedlichen Erfahrungen. Diese Erfahrungen standen hinter meinem Vorschlag: Wie wäre es, wenn sich die Gemeinschaften in unserer sächsischen Kirche über Freud und Leid offen untereinander austauschten und so vielleicht der Kirche als Ganzes einen wertvollen Dienst erweisen würden? Das war damals unsere spontane Idee und ich bekenne, dass ich damit die Hoffnung verbunden habe, dass Menschen, die mitten im Dienst der Kirche mit einem bestimmten geistlichen Anliegen allein stehen, einen Ort finden könnten, wo dieses Anliegen verstanden und gewürdigt werden und von wo aus sie Unterstützung und Schutz erfahren. Olaf Richter hat diese Idee seinen Liemehnaer Mitbrüdern vorgestellt. Sie haben die Initiative ergriffen und zu dem ersten Treffen im November 2007 nach Liemehna eingeladen.

 

Damals haben wir uns bewusst auf evangelische Gemeinschaften aus Sachsen beschränkt. Das hat sich bewährt. Wir haben in diesem überschaubaren Rahmen einander gut wahrnehmen können. Trotzdem fehlen mir unsere Brüder und Schwestern aus den römisch-katholischen Gemeinschaften unseres Landes. Ökumenische Freundschaft gehört zum Lebensgefühl der geistlichen Gemeinschaften, die ich kennengelernt habe. Deshalb möchte ich dazu ermuntern, darüber nachzudenken, ob und wie die anfängliche konfessionelle Beschränkung überschritten werden kann.

 

Christian Schreier